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Batı Trakya

Artikel 19

Eine offenkundige rassistische Bestimmung Art 19 des griechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes

Art. 19 des griechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes ist ein Werk der „Iannis Metaksas„Diktatur, die vor dem Zweiten Weltkrieg in Nachahmung des italienischen faschistischen Regimes und des deutschen Naziregimes errichtet wurde. Dieser 1939 eingeführte Artikel ermöglicht der Regierung, "nicht„griechischstämmige griechische Staatsbürger auszubürgern. Für Griechischstämmige gibt es keine solche Bedrohung. Art. 19 enthält dafür die Voraussetzung, das der nicht„griechischstämmige griechische Staatsbürger das griechische Territorium verlassen hat in der Absicht, nicht zurückzukehren.

Wenn diese Voraussetzung berücksichtigt worden wäre, wäre das Problem nicht so schwerwiegend. Die griechische Führung aber nimmt natürlich keine Rücksicht auf diese Voraussetzung und bürgert ausgesuchte Angehörige der Minderheit aus. Den Zweck (ethnische Säuberung griechischer Art) und die Folgen (Entlassung griechischer Staatsbürger in die Heimatlosigkeit) dieser Praxis hatten wir im ersten Teil erklärt. Hier sei auf einige weitere Besonderheiten dieses Artikels hingewiesen:

• Art. 19 richtet sich gegen die ethnischen Minderheiten und Gruppen in Griechenland. Die ethnischen Minderheiten werden nicht anerkannt, wenn es um Achtung ihrer ethnischen Identität geht. Wenn es jedoch zu ihrer Unterdrückung wegen ihrer ethnischen Identität kommt, werden sie im negativen Sinne anerkannt. Angehörige der Minderheit werden nicht „wie sie offiziell anerkannt und bezeichnet werden„ als Moslime, sondern als Türken, die sich nicht als solche bezeichnen dürfen, ausgebürgert.

• Vor und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg fand diese Bestimmung vor allem auf die mazedonische Minderheit Anwendung. Nun wird sie auf die muslimische türkische Minderheit West-Thrakiens angewandt.

• Angehörige der türkischen Minderheit erfahren in der Regel bei der Rückkehr aus einem Besuch in der Türkei an der Grenze, das sie ausgebürgert wurden. Ihnen wird erklärt, das sie nunmehr heimatlos sind und ihre Pässe, Ausweise sowie andere Dokumente werden beschlagnahmt. Sie müssen dann entweder trotz aller in den Weg gestellten Hindernisse nach Griechenland einreisen und als heimatlos dort leben oder in das Land, wo sie zu Besuch waren, zurückkehren und dort als heimatlos leben. Meistens geschieht die zweite Alternative.

• In den letzten Jahren werden auch Angehörige der türkischen Minderheit, die in EU„Staaten arbeiten, ausgebürgert.

• Die Zahl der Angehörigen der türkischen Minderheit, die ausgebürgert wurden, während sie „ohne ins Ausland gereist zu sein„ in Thrakien lebten, ist nicht gering. Es gibt sogar welche, die während der Ableistung des Militärdienstes ausgebürgert wurden.

• Vor der Ausbürgerung werden die Betroffenen nicht in Kenntnis gesetzt. Es ist auch unbekannt, wann sie nach der erfolgten Ausbürgerung eine entsprechende Mitteilung bekommen würden. Es kann Jahre dauern. Die Ausbürgerung wird manchmal erst durch Zufall, z.B. bei der Beantragung einer Bescheinigung beim Rathaus, bekannt. Es gibt Angehörige der Minderheit, die erst fünf, ja 10 Jahre nach der erfolgten Ausbürgerung dies erfahren haben.

• Dadurch, daß die Ausbürgerung im Geheimen betrieben und der Betroffene überrascht wird, wird bezweckt, ihn daran zu hindern, gesetzliche Schritte dagegen zu unternehmen. Durch späte bzw. unterlassene Mitteilung über die Ausbürgerung läuft die für die Beantragung der Wiedereinbürgerung beim Hohen Gericht festgesetzte Frist von 6 Monaten ab, so das dieses Recht verloren wird.

• Die Gründe für die Ausbürgerung werden nicht erklärt. Der Rechtsanwalt darf nicht Einsicht in die Akten nehmen. Ein Beispiel aus einer Athener Zeitung von September 1997: Ein Angehöriger der türkischen Minderheit, der in der Türkei studierte, wurde vor 12 Jahren ausgebürgert; einer der Gründe sei es, das er „einem Schreiben eines Zuständigen des Außenministeriums zufolge„ das Angebot, als Agent zu fungieren, abgelehnt habe. Nachdem sich der Fall des Betroffenen 10 Jahre lang bei den Gerichten in die Länge zog, wurde er schließlich vor 2 Jahren wiedereingebürgert.

• Art. 19 gliedert die griechischen Staatsbürger in Griechischstämmige und Nicht„griechischstämmige auf. Dieser Artikel ist rassistisch, weil er den Zweck verfolgt, Maßnahmen gegen Nichtgriechischstämmige zu ergreifen.

Art. 19 läuft dem Geist der griechischen Verfassung von 1975 zuwider. Aber der Verfassungsgeber muß diesen Artikel für so wichtig und notwendig gehalten haben, daß er ihn durch eine besondere Bestimmung des Art. 111, Abs. 6 der Verfassung ausnahmsweise hat weiterhin gültig werden lassen. Somit wurde der rassistische Inhalt und die rassistische Botschaft des Art. 19 verfassungsrechtlich geschützt.

• Verfassung sieht zwar vor, daß Art. 19 vorläufig gültig ist und durch ein Gesetz aufgehoben wird. Obwohl jedoch von 1975 bis 1997 inzwischen 22 Jahre vergangen sind, wurde Art. 19 weder außer Kraft gesetzt noch seine Anwendung gestoppt.

• Art. 19 hat einerseits eine besondere und praktische Funktion und andererseits eine allgemeine und symbolische Funktion. Durch seine Aufhebung wird nur seine besondere Funktion beendet sein. Das Verschwinden der durch diesen Artikel symbolisierten allgemeinen Haltung und die Änderung des Blickwinkels im Hinblick auf die Minderheit werden viel größere Bemühungen und lange Zeit erfordern.

• Bis jetzt hat in Griechenland mit Ausnahme des Athener Rechtsanwalts Giorgios Apostolidis kaum ein Jurist, Politiker oder Journalist gewagt, Art. 19 des griechischen Staatsangehörigkeitsgesetzes zu kritisieren. Hier gibt es eine Art "nationale Zensur". Das zeigt, wie schwer es in Griechenland ist, für die Minderheitenrechte einzutreten.

• Im Jahre 1997 haben einige Regierungsvertreter zum ersten Mal von der Notwendigkeit der Aufhebung des Art. 19 gesprochen (1991 hatte auch der damalige Ministerpräsident Mitschotakis die Aufhebung des Art. 19 versprochen, jedoch wegen der Reaktion der Opposition, vor allem Andreas Papandreous, dieses Versprechen nicht einlösen können). Zuletzt sprach der stv. Außenminister im August 1997 offen von der Aufhebung dieses Artikels. Seitens der Vertreter der orthodoxen Kirche und der rechten und rassistischen Kreise gab es heftige Proteste, die sich unter Führung der Metropoliten in Thrakien und in übrigen Landesteilen in ganz Griechenland verbreiten.

• Die jüngste Entwicklung in Bezug auf Art. 19 ist folgende: Presseberichten zufolge wird Art. 19 nicht aufgehoben, sondern lediglich die Formulierung "griechischer Staatsbürger nicht „griechischer Herkunft" durch "griechischer Staatsbürger" ersetzt. Somit wird das rassistische Element in der o.g. Formulierung formell beseitigt, so das den von der EU erhobenen Vorwürfen des Rassismus entgegengewirkt werden kann. Wenn die griechische Regierung aufrichtig gewesen wäre, hätte sie die Anwendung des Art. 19 gestoppt. Denn die vorgesehene Änderung würde die Ausbürgerung von Angehörigen der türkischen Minderheit weiterhin nicht verhindern. Die Bereitschaft griechischer Regierungsvertreter, über Art. 19 zu diskutieren, scheint also ein Versuch zu sein, die Minderheit und vor allem die EU zu täuschen.

Ein seltsames EU Land, das eigene Bürger in die Heimatlosigkeit entläßt 

Im vorangegangenen haben wir erklärt, daß neben der Auswanderung die Praxis der Ausbürgerung zur Abnahme der Bevölkerungszahl der Minderheit führt. Obwohl nicht bekannt ist, wie viele Angehörige der türkischen Minderheit der Ausbürgerung als Mittel der Ausrottung der Minderheit zum Opfer fielen, geht man von Zehntausenden seit Beginn der EU„Mitgliedschaft Griechenlands aus. Nach ihrer Ausbürgerung aus der griechischen Staatsangehörigkeit werden diese Personen für "heimatlos" erklärt und leben bar aller staatsbürgerlichen Rechte. Der überwiegende Teil dieser Heimatlosen erwirbt dann zwangsläufig die türkische Staatsangehörigkeit. Die Zahl der heimatlosen türkischen West-Thrakier, die in der Türkei leben, jedoch die türkische Staatsangehörigkeit noch nicht erworben haben, betrügt einige Tausende. Die Zahl der türkischen West-Thrakien, die nach ihrer Ausbürgerung Griechenland nicht verlassen haben, sondern als heimatlos weiterhin in West-Thrakien leben, wird auf 2.000 geschätzt. Diese heimatlosen Angehörigen der Minderheit harren in der Hoffnung auf Wiedereinbürgerung aus und Griechenland seinerseits hofft, da diese Personen eines Tages den Heimatlosen Status nicht länger aushalten und das Land verlassen werden.

Wir können sagen, das Griechenland ein beispielloser Staat auf der Welt ist, der in seinem Staatsgebiet aus eigenen Bürgern Heimatlose macht. Es konnte und kann diese Praxis auch als EU Mitglied fortsetzen.