Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
in den letzten Tagen stehen wir, die West-Thrakien-Türken, ganz oben auf der Tagesordnung der Politik!
Der Außenminister der Türkei, unseres Mutterlandes Mevlüt Çavuşoğlu besuchte West-Thrakien bevor er zu Sondierungsgesprächen nach Athen reiste und traf sich dort mit unseren Vertretern.
Çavuşoğlu sagte: „Die West-Thrakien Türken wissen, dass wir sie nie allein lassen werden, und sind sich sicher, dass wir dies auch in der Zukunft tun werden. Das ist das Wichtigste.“
Dass Çavuşoğlu bei seinem Besuch in unserem Land zuerst unsere Region besucht hat, bedeutet für uns eine große moralische Unterstützung.
Dass wir als West-Thrakien-Türken sowohl auf die Agenda unseres Mutterlandes als auch die unseres Landes gebracht werden, ist für das Bekanntwerden unserer Probleme sehr wichtig.
So werden wir nicht vergessen, und unsere Probleme stehen ganz oben auf der Tagesordnung des Landes.
Obwohl die Regierenden unseres Landes sagen, dass Griechenland eine moderne europäische Demokratie hat, und behaupten, dass es keine Probleme bezüglich der Rechte der Minderheit gibt, indem sie die Definition der „muslimischen Minderheit“ verwenden, wissen wir, dass dies nicht der Fall ist.
Unser Land behauptet, dass es Griechenland gelungen ist, ein offenes und demokratisches Gesellschaftsmodell aufzubauen, das die Menschen- und Minderheitenrechte uneingeschränkt respektiert.
Die Abgeordneten von Nea Dimokratia und SYRIZA aus unserer Region sagen auch bei jeder Gelegenheit, dass Griechenland ein multikulturelles Land ist.
Das stimmt, Griechenland war in der Vergangenheit ein multikulturelles Land, das die Vielfältigkeit respektiert hat
Bis 1967 als die Militärjunta die Macht übernahm, existierte im Rahmen des Status und der Rechte der türkischen Gemeinschaft in West-Thrakien ein multikulturelles Gesellschaftsmodell, wenn auch nicht auf perfektem Niveau, das die Menschen- und Minderheitenrechte respektierte.
Mit der Militärjunta wurde alles zerstört.
1974 wurde in unserem Land die Rückkehr zur Demokratie erzielt, aber diese Demokratie erreichte uns nicht!
Seitdem haben sich die Dinge von Tag zu Tag verschlechtert.
Unsere Rechte wurden uns weiterhin einer nach dem anderen weggenommen, und unsere individuellen Rechte und Freiheiten wurden eingeschränkt, ganz zu schweigen von Minderheitenrechten.
Wegen der repressiven und diskriminierenden Politik erlebten wir damals eine sehr schwierige Zeit.
Sie sagten, es gebe „keine Türken in West-Thrakien“ und schlossen unsere Vereine!
Als unsere Existenz auch geleugnet wurde und wir die Unterdrückung nicht mehr aushalten konnten, gingen wir auf die Straße und versuchten, bei den Protestmärschen vom 29. Januar unserer Stimme Gehör zu verschaffen.
In den 1990er Jahren bekamen wir endlich unsere Bürgerrechte zurück.
Unser Kampf um die Wiederherstellung unserer Bildungs- und Religionsautonomie geht jedoch weiter.
Wir haben gesagt, dass wenn unser Land uns nicht sehen, hören und verstehen will, wir dann unserer Stimme in Europa Gehör verschaffen werden.
Aus diesem Grund wurde 1988 die ABTTF gegründet.
Seitdem sind wir bestrebt, unserer Stimme auf internationalen Plattformen Gehör zu verschaffen.
Uns ist es bewusst, dass die Lösung unserer Probleme in Athen liegt, und daher sind wir jetzt auch in Athen aktiv.
Denn unser Ziel ist es, unserer Stimme Gehör zu verschaffen, und für die Lösung unserer Probleme die Tür zum Dialog mit den Regierenden unseres Landes zu öffnen.
Aber unsere Aufgabe ist nicht einfach, ganz und gar nicht. Das wissen wir.
Wenn Sie den am 27. Mai 2021 in der Zeitung Estia veröffentlichten Artikel von Evripidis Stylianidis lesen, werden Sie sehr gut verstehen, wie unser Land uns betrachtet und warum es darauf besteht, uns zu leugnen.
Stylianidis behauptet, dass die Türkei uns instrumentalisiert und das Ziel verfolgt, uns kollektiv als „nationale türkische Minderheit“ neu zu definieren.
Zudem behauptete Stylianidis, Rechtsprofessor und Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, dass der Hauptgrund für das Verbot der Türkischen Union von Xanthi darin besteht, dass die Definition von „Türkisch“ im Widerspruch zum Vertrag von Lausanne steht und indirekt für die „kollektive Bezeichnung der Minderheit“ verwendet werden kann.
Diese Mentalität ist der Grund, warum die EGMR-Urteile in Bezug auf die Fallgruppe Bekir-Ousta und Andere seit 13 Jahren nicht vollgestreckt werden!
Dieselbe Mentalität manifestierte sich in einem Schreiben des Europaabgeordneten Manolis K. Kefalogiannis an den Präsidenten des Europäischen Parlaments (EP) David Sassoli vor der Podiumsdiskussion zu diesem Thema, die wir am 2. Juni mit Unterstützung des Europaabgeordneten François Alfonsi (Die Grünen/EFA) organisiert haben. Der Europaabgeordnete Kefalogiannis beschuldigte uns des Separatismus mit unbegründeten Behauptungen und Verleumdungen gegenüber der ABTTF.
Aber alles, was wir seit Jahren tun, ist, unserer Stimme Gehör zu verschaffen, damit unsere gestohlenen Rechte uns zurückgegeben werden!
Wir sind weder das Instrument unseres Mutterlandes, noch haben wir eine versteckte Agenda oder ein verstecktes Ziel, wie sie behaupten!
Tatsächlich sind es die Staatsvertreter und Politiker, die unsere Gemeinschaft instrumentalisieren!
Sie wollen Angst und Sorge in der gesamten Gesellschaft verbreiten und so die Macht behalten, indem sie die türkische Gemeinschaft in West-Thrakien zu einem nationalen Thema machen.
Für Politiker bedeutet die Darstellung von uns als Agenten politische Profitmacherei!
Denn alle wissen, dass Ausrufe wie „Wir verlieren unser Land“ den Nationalismus entfachen und das unbestrittene Vertrauen in den Staat, die Regierung und die Politiker stärken werden!
Wenn uns also jemand ausnutzt, dann sind es die Regierenden und Politiker unseres Landes!
Wenn es nicht so wäre, hätte die letzte von uns organisierte Veranstaltung zur Fallgruppe Bekir-Ousta und Andere nicht eine so große Debatte im ganzen Land ausgelöst, würde das Thema im Rahmen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit angegangen werden und wären nicht 13 Jahre seitdem vergangen.
Ist das nicht so?
Bleiben Sie gesund.
Halit Habip Oğlu
ABTTF Präsident