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Batı Trakya

Jährlicher Nationalitätenkongress der ‚Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen’ fand in Polen statt

25.05.2004







Vom 19. bis 23. Mai 2004 fand im Schloss Kamien Slaski (Groß Stein) bei Opole (Oppeln) im Südwesten Polens der 49. Nationalitätenkongress der ‚Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen’ (FUEV) statt. An diesem Kongress mit dem Schwerpunktthema „Die Erweiterung der Europäischen Union – Chancen und Risiken für die Minderheiten“ nahmen fast 200 Delegierte aus 28 Staaten teil. Die Minderheit der West-Thrakien-Türken repräsentierten der Präsident der ‚Föderation der West-Thrakien-Türken in Europa’ (ABTTF) Halit Habipoğlu, der stellvertretende Rechnungsführer der ABTTF Mehmet Hüseyin sowie aus West-Thrakien selbst Cemil Kabza, stellvertretender Vorsitzender des ‚Akademikervereins der West-Thrakischen Minderheit’ (BTAYTD).

Die FUEV ist ein 1949 gegründeter internationaler Dachverband, der die Interessen der nationalen Minderheiten in Europa vertritt. Er hat konsultativen Status bei den Vereinten Nationen und beim Europarat.

Der Kongress begann am Donnerstag Vormittag, den 20. Mai mit Arbeitssitzungen des FUEV-Vorstands. Am Nachmittag hielt der Präsident der FUEV Romedi Arquint eine Eröffnungsrede zum diesjährigen Schwerpunktthema „Die Erweiterung der Europäischen Union – Chancen und Risiken für die Minderheiten“. Er überschrieb ihn mit den Worten „Europa sucht seine Heimat“ und fuhr fort:

„Die internationalen Organisationen müssen Hilfsorganisationen unterstützen, die ungerecht Behandelten helfen. In den Gesetzen und Regelungen der Europäischen Union wird den Minderheitenrechten besondere Bedeutung zugemessen. Während man sich jedoch dafür einsetzt, dass diese Kriterien den neuen Mitgliedern und den Beitrittskandidaten auferlegt werden, werden sie bei den bestehenden Mitgliedern vernachlässigt. Hier existieren also doppelte Standards in Europa, es wird mit zweierlei Maß gemessen.

Sprachliche und kulturelle Vielfalt ist ein Reichtum. Im Allgemeinen jedoch richten sich Staaten jedoch nach der Mehrheitsbevölkerung und räumen deren Bedürfnissen Vorrang ein. Den Anliegen der Minderheiten muss mehr Geltung verschafft werden und sie müssen insgesamt mit ihrer Sprache, ihrer Kultur und ihren Sitten und Gebräuchen geschützt werden, die Staaten müssen mit ihnen in den Dialog treten. In dieser Hinsicht ist die Regelung, wie sie in der ungarischen Verfassung getroffen wurde, ein schönes Beispiel und ein Schritt in die richtige Richtung.“

Die weiteren Redner erklärten die junge Generation zur Hoffnung der Minderheiten. Es wurde ferner vorgeschlagen, EU-Beitrittskandidaten schon vor ihrer Mitgliedschaft bei den Maßnahmen zu Gunsten ihrer Minderheiten zu unterstützen und entsprechende Projekte durch die Europäische Union fördern zu lassen.

Angesichts einer zum „globalen Dorf“ werdenden Welt, in der die Entfernungen verschwinden und daher zunehmend dieselbe Musik gehört, dasselbe gegessen und dasselbe getrunken werde, forderten die Redner, dass kulturelle Eigenheiten wie Sprache, Sitten und Gebräuche geschützt werden.

Am Donnerstag schließlich hielt der Delegierte der mazedonischen Minderheit in Griechenland, Pavlos Voskopoulos, eine Rede zum Thema „Minderheiten in Griechenland“. Obwohl es in Griechenland eine ganze Reihe von Minderheiten wie die mazedonische und die türkische Minderheit gebe, so stellte Voskopulos fest, werde dort lediglich die muslimisch-türkische Minderheit offiziell anerkannt. Um diese und die mazedonische Minderheit bekannt zu machen, habe man jetzt die ‚Regenbogen-Partei’ gegründet. Er fuhr folgendermaßen fort:

„Unsere Bemühungen richten sich nicht gegen Griechenland, wir setzen uns lediglich für ein demokratischeres Griechenland ein. Griechenland verfolgt eine Politik der ‚einen Nation’ und der ‚einen Religion’. Es liegt damit weit hinter den anderen europäischen Nationen. Zwar kam in den siebziger Jahren die Demokratie, aber bis heute können wir nicht davon sprechen, dass sie vollständig funktioniert.“

Nach der Rede von Pavlos Voskopoulos erklärten die Präsidiums-Mitglieder, dass neben dem Delegierten der mazedonischen Minderheit als Vertreter der Minderheiten Griechenlands auch ein Delegierter der türkischen Minderheit zu Wort kommen müsse. Daraufhin erhielt der Delegierte des ‚Akademikervereins’ Cemil Kabza das Wort. Er stellte in seiner Ansprache die türkische Minderheit West-Thrakiens vor und informierte über ihre heutige Situation.

Anschließend sprach sich der Präsident der FUEV Romedi Arquint dafür aus, dass die Türken und die Mazedonen in Griechenland als Minderheiten desselben Landes ihre Kräfte vereinigen und sich gemeinsam für ihre Interessen einsetzen. Auf diesem Wege gelte es weiter voran zu schreiten.

Am Freitag ging es auf dem Kongress um die in Polen lebenden Minderheiten und um das Thema der internationalen Lobbyarbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen. Am interessantesten war hierbei ein Beitrag, der darauf hin wies, dass die Minderheiten Europas trotz einer Gesamtstärke von über einer Million Bürgern in der EU nicht einmal so viele Vertreter vorweisen können wie das kleinste Mitgliedsland Malta mit seinen 400 Tausend Staatsbürgern. Der Redner betonte, dass sich die Minderheiten europaweit organisieren müssten, um sich die Mitsprache in der EU zu sichern. In Bezug auf Kultur und Bildung solle man sich unter dem Dach der FUEN und in Bezug auf Sprache unter dem Dach der EBLUL (Europäisches Büro für wenig gesprochene Sprachen) zusammenfinden und Einigkeit demonstrieren. Mit auf diese Weise vereinten Kräften werde man in der Lage sein, jedes Hindernis zu überwinden.

Der Präsident der ‚Föderation der West-Thrakien-Türken in Europa’ Halit Habipoğlu hielt am Samstag Nachmittag eine Rede. Zu Beginn stellte er die ABTTF als Vertretung der in Europa lebenden Türken West-Thrakiens vor und gab Beispiele für ihre Aktivitäten. Mit folgenden Worten beschrieb er die Ungerechtigkeiten und die Willkür, welche die Thrakien-Türken in Griechenland nach wie vor erfahren:

„Der griechische Staat akzeptiert immer noch nicht die Existenz der Türken in West-Thrakien. Er bezeichnet uns als ‚muslimische Minderheit’.

Griechenland verbietet zivilgesellschaftliche Institutionen und Vereine, die die Bezeichnung ‚türkisch’ in ihrem Namen führen wollen und hat solche, die sich bereits gegründet hatten, aufgelöst. Unsere seit Jahrhunderten als ‚türkisch’ bezeichneten Schulen wurden in ‚muslimische Schulen’ umbenannt.

Die türkische Bevölkerung von West-Thrakien kann ihre religiösen Vertreter, die Muftis, nicht selbst wählen. Die selbst gewählten Muftis werden nicht anerkannt.

Nach einem Paragraphen des Staatsangehörigkeitsgesetzes wurde Tausenden von im Ausland lebenden Türken aus West-Thrakien in gegen die Menschenrechte verstoßender Weise ihre griechischen Staatsangehörigkeit aberkannt. Obwohl der oben erwähnte Paragraph ungültig wurde, haben einige West-Thrakien-Türken ihre griechische Staatsbürgerschaft nicht zurückerlangt. Diese Personen leben sämtlicher Rechte beraubt als Staatenlose.

Noch immer errichten die staatlichen Behörden bürokratische Hürden beispielsweise beim Erwerb und Verkauf von Gütern.

Obwohl Griechenland am 22. September 1997 das „Rahmenabkommen des Europarats zum Schutz der nationalen Minderheiten“ unterzeichnet hat, wurde dieses bisher nicht ratifiziert. Dies ist aus Sicht der Minderheiten in Griechenland besorgniserregend.

Ich möchte ihre Aufmerksamkeit noch einmal darauf lenken, dass dies alles in Griechenland geschieht, einem Land, das seit langen Jahren Mitglied der Europäischen Union ist und gerne als „Wiege der Demokratie“ bezeichnet wird.

Als Föderation der West-Thrakien-Türken in Europa rufen wir die internationale Gemeinschaft und alle Verteidiger der Menschenrechte dazu auf, solchen Vorkommnissen in Griechenland Einhalt zu gebieten und dagegen entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.“

Nach einer Abschlussrede des Präsidenten Romedi Arquint ging der Kongress am Samstag Abend zu Ende.

Die Delegierten des ABTTF konnten im Laufe des Kongresses intensive Lobbyarbeit für die Türken West-Thrakiens leisten. In zahlreichen Einzelgesprächen konnten sie erfolgreich ihre Positionen vermitteln und wichtige gemeinsame Aktivitäten vereinbaren.

So wurde Bela Tonkovic, einer der Vizepräsidenten der FUEV, zu einem Besuch West-Thrakiens eingeladen. Herr Tonkovic war sehr erfreut und hat unsere Einladung angenommen, da er sich anlässlich des Parteitags der Regenbogen-Partei am 30. Mai ohnehin in Griechenland aufhalten wird.

Fotostrecke der 49. Nationalitätenkongress der ‚Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen’.